Am vergangenen Wochenende war ich (mal wieder) in Sachen Kampfkunst unterwegs. Diesmal allerdings eher, um organisatorischen Hürden zu genügen – nämlich zur Übungsleiter-Lizenzverlängerung. Das Wochenende war eine Veranstaltung des nordrheinwestfälischen Karateverbandes KDNW. Die bieten diese Lehrgänge nämlich fachspezifisch an. Was ein entscheidender Grund für unseren Eintritt in den deutschen Karate Verband (DKV) war.
Es ging nach Radevormwald. Hört sich bayerisch an, ist aber im Bergischen Land gelegen. Dort gibt es ein Hotel mit dazugehörigen Sporthallen, also extra für solche Zwecke errichtet. Samstag ging es um 9 Uhr los. Das bedeutete Abfahrt um 6 Uhr. #müde Verabredet war ich mit den Kollegen vom Shaolin Kempo Wesel-Büderich, also Joachim Hölscher, Manfred Inoue und der angehenden DAN-Trägerin Mareike Decker. Auf die Bande freute ich mich besonders, denn neben vielen lustigen Sprüchen ticken die in Sachen Kempo ganz ähnlich wie ich.
Die 16 Teilnehmer waren überwiegend Shotokan-Karateka, dazu gab es eine kleine Gruppe vom Goju Ryu, eine Dame vom Yoshukai-Stil und eben „uns“ vom Shaolin Kempo. Der einzige, der komplett in Schwarz rumturnte, war natürlich ich. Aber unser Gi ist eben schwarz, auch wenn alle anderen Teilnehmer sich in ihre weißen (Gespenster-)Anzüge hüllten. Hat aber keinen gestört, denn außer einigen interessierten Nachfragen waren wir, auch ich, gleich mittendrin. Auf die einzelnen Inhalte der Übungseinheiten will ich hier nicht eingehen. Nur soviel: Wer den Übungsleiter machen möchte, hat in DKV und dem nordrheinwestfälischen Landesverband KDNW kompetente Ansprechpartner und Lehrende.
Ohne Konkurrenz, aber mit Leistung
Was mich aber beeindruckt und zum Schreiben dieser Zeilen veranlasst hat, war die Stimmung, der Spirit der Teilnehmer. Zum einen waren wir, trotz aller Unterschiedlichkeit in Alter und Herkunft, sehr schnell ein richtiges Team. Das äußerte sich nicht nur in der Offenheit, in der alle miteinander umgingen, auch und gerade bei den Praxis-Elementen. Das vertiefte sich noch, wenn es um Fachsimpeleien rund um Ausführungen und Interpretationen ging. Fast alle Teilnehmer waren erfahrene Trainer mit etlichen Jahren Kampfsporterfahrung auf dem Buckel. Viele waren in schon etwas gesetzterem Alter. Da musste keiner mehr dem anderen beweisen, was für ein toller Hecht er sei oder um wieviel besser seine Interpretation oder sein Stil gegenüber dem anderen ist.
Gleichzeitig waren alle, ob jung oder alt, ob Männlein oder Weiblein, leistungswillig. Die im Shaolin Kempo häufig zu sehende Unsitte, es ab einem gewissen DAN-Grad sehr gemütlich angehen zu lassen und die Hände über dem runden Bauch zu verschränken und sie auch dort zu lassen, statt sich zu bewegen, gab es hier nicht. Nicht vergessen: Es ging „nur“ um eine Lizenzverlängerung. Hier wurde keine Leistung abgefragt oder eingefordert. Doch alle Teilnehmer waren aktiv dabei, vom Braungurt bis zum 5. DAN (oder höher?). Eigentlich bemerkenswert, dass man das als bemerkenswert bemerkt, oder? 🙂
Das galt, und damit komme ich zum zweiten bemerkenswerten Anlass dieses Geschreibsels, auch für die Dozenten. Kira Lagmöller als Seminarleiterin war das „Küken“, hat ihr Sportstudium gerade bestanden und verstärkt in Zukunft das Team der KDNW-Geschäftsstelle. Okay, von solch einer Karateka in dem Alter erwartet man auch eine Bereitschaft zur Aktivität. Nicht umsonst stellte sich die Sportwissenschaftlerin selber als „kreiselnde Kira“ vor. 🙂
Die Praxiseinheit des ersten Tages wurde dann von Susanne Nitschmann geleitet. Die Trägerin des 6. DAN ist im KDNW unter anderem auch als Landestrainerin schon viele Jahre aktiv. Und hat es faustdick hinter den Ohren. Sowohl im Bereich Kata als auch bei Techniken des Kumite, also des Kämpfens, gab sie uns nicht nur wertvolle Anregungen für die Aufgaben als Trainer mit auf den Weg. Sondern entlarvte mit Kennerblick auch sofort die eine oder andere Schludrigkeit in der technischen Ausführung. Wir waren sowohl von der Kompetenz in der theoretischen Erklärung als auch in der praktischen Demonstration schwer beeindruckt. Da spielt der Stil, das Alter oder der DAN-Grad gar keine Rolle mehr – vor Susanne waren alle gleich! 🙂
Der Spiele- und Ideensprudler
Am zweiten Tag vermittelte dann – neben der kreiselnden Kira – Michael Bolder, wie man neuen Schwung in sein Training bekommen kann. Der Ausbildungs- und Breitensportreferent des KDNW sprühte nur so vor Ideen, wie man Kinder, aber auch ältere Karateka, aus der Komfortzone locken kann. Auch bei diesem Karateka kam es gar nicht so sehr auf die (sehr guten) Inhalte seiner Ausführungen an, sondern eher auf die Begeisterung und das Engagement für „sein“ Karate. Ob alle im Vorstand des KDNW so ticken? Am Ende des Seminars war ich zwar platt vom Wechsel zwischen Praxis und Theorie und zwei Tagen Inhalte-Beschallung, aber auch sehr zufrieden und versehen mit neuen Kontakten und neuen Ideen.
Wenn dieser Austausch und das Miteinander auf Augenhöhe nicht nur ein Ausrutscher, sondern Normalität im Umgang miteinander sind, dann freue ich mich jedenfalls auf weitere Lehrgänge in DKV oder KDNW, bei denen ich dann auch wieder gern den „schwarzen Mann“ spiele. Oder das schwarze Schaf, je nach Auslegung! 🙂
6 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Lieber Lutz und Kempofreund!
Das hätte keiner treffender ausdrücken können, in der Sache und mit Blick auf die „toffte“ Stimmung.
Wir …(3) aus Wesel stimmen Dir in allen Aussagen und Erwartungen voll zu✊✊✊…..und freuen uns auf alles Weitere mit Dir …. Und gerne auch mit anderen Gleichgesinnten Kempokas und Vereinen.???
Liebe Grüsse
Joachim+Manni+Mareike
Hallo Lutz,
schon ist Dein super Artikel bis in den Süden gelangt und ich schicke ihn -mit Verlaub- noch tiefer bis nach München zur Zentrale unseres Bundesstilrichtungsreferenten!
Genau diese Dinge sind es, die mich seit vielen Jahren veranlasst haben, bei Euch im Norden für den DKV zu werben. Ich freue mich sehr, dass Ihr (also die „Weseler Mönche“ und Du aus Kalletal) diese Kontakte über Lehrgänge wie diesen zu anderen Vereinen im KDNW aufgenommen habt und sicher noch ausbaut.
Ganz liebe Grüße aus den Tiefen Baden-Württembergs
Euer Klaus
Hallo Lutz,
klasse Artikel, der beschreibt, wie es sein sollte: mit viel Freude und Engagement dabei sein, entspannt im Umgang ohne übertriebenes „Hirarchiedenken“ und immer in der Lage, über den eigenen Tellerrand zu schauen!
Ist so bei euch in Kalletal, genauso wie bei uns in Wesel 🙂
Gruß,
Marco
Shaolin Kempo Wesel-Büderich
[…] eines lokalen Funktionsträgers beeinflusst. Doch mittlerweile sind wir voll dabei. Und daher freute ich mich besonders auf die Teilnahme an einem vierteiligen […]
[…] habe ich meinen zweiten DAN unter DKV-Richtlinien absolviert, meine Übungsleiterlizenz beim DKV verlängert und erste Seminare mitgemacht. Und vor allem über den […]
[…] also nicht ganz von vorn anfangen. Und als Braungurt im Kempo, mit den Shaolin-Mönchen Manfred und Joachim als geniale Lehrer, ist sie natürlich sattelfest, wenn es um das allgemeine […]