Schwarzer Gürtel – und das war es? Ab jetzt ist man ein „Meister“ oder Sensei?
Nö, so leicht ist das nicht. Im Gegenteil, mit dem 1. DAN fängt der Weg des Budo eigentlich erst richtig an.
Das Graduierungssystem, welches man heutzutage weltweit meist verwendet, ist eine recht neue Erfindung. Eigentlich stammt es von einem Brettspiel ab, nämlich dem japanischen Go. In den alten japanischen Bugei-Künsten, den Vorläufern des Budo, gab es ein Rangsystem, in dem ein Sensei seine jeweiligen Schüler mit Urkunden von 1 bis 5 auszeichnete, je nach Erfolg im Streben um Perfektion. Der höchste Grad war (und ist) der des „Menkyo Kaiden“, Ausdruck der höchsten Meisterschaft und Symbol für den Stilerben, der die Kampfkunst weiterführt.
Das heutige Graduierungssystem mit Schüler- (Kyu-) und DAN-Graden wurde erst vom Gründer des Judo, dem Japaner Jigoro Kano, eingeführt. Im klassischen Karate aus Okinawa gab es zu der Zeit überhaupt keine Graduierungen. Ein Gürtel diente, wenn überhaupt getragen, nur dazu, die Hose am Rutschen zu hindern oder die Jacke zuzubinden.
Erst in den 1920ern führte Gichin Funakoshi das heute bekannte Gurt-System auch in sein Shotokan-Karate ein. Dabei unterscheidet man das klassische Schülersystem (Mudansha) und eben die Stufen, die den Schwarzgurt auszeichnen (Yudansha und Kodansha).
Mit dem 1. DAN, dem Shodan, bin ich also gerade erst auf der ersten Stufe des Budo-Schlauwerdens. Im Fachchinesisch, also Japanisch, heißt das „Formschüler“. Ein Anfänger, ein Grünschnabel, der gerade mal anfängt zu begreifen, wo die Reise überhaupt hingeht. Je nach Auffassung bezeichnet man die ersten drei DAN-Grade auch als „Kampf-Grade“, denn hier müssen die Übenden sich immer weiter perfektionieren in ihrer Technik und Ausführung. In größeren Dojo zählen diese Ränge zu den Sempai-Stufen, also denen der älteren Schüler. Erst mit dem 4. DAN beginnt der wirkliche Weg, das ist der Grad der Initiierung, vom Techniker hin zu den wirklichen Meistergraden.
Und da die Abstände zwischen diesen Rängen nicht nur in Können, sondern auch in Jahren gemessen werden, schaue ich mal lieber nicht nach „oben“, sondern vor meine Füße, um meinen eigenen Weg zu meistern …
Der Vollständigkeit halber hier aber noch einmal alle klassischen DAN-Grade:
1. DAN (Shodan) Formschüler (Kohei)
2. DAN (Nidan) Formschüler (Kohei)
3. DAN (Sandan) Wegschüler (Sempai)
4. DAN (Yondan) Techniker (Sempai)
Hier beginnt erst der Übergang vom Yudansha (1. – 4. DAN) zum Kodansha, also den höheren DAN-Graden.
5. DAN (Godan)
6. DAN (Rokkudan) beide Grade beinhalten den Ehrentitel Renshi.
In einigen Stilen kann man sich hier auch mit dem rot-weißen Gurt schmücken.
7. DAN (Shichidan)
8. DAN (Hachidan) beide Grade beinhalten den Titel Kyoshi
9. DAN (Kudan)
10. DAN (Judan) beide Grade beinhalten den Titel Hanshi
Als obersten Lehrer bezeichnen die japanischen Systeme den Menkyo Kaiden, den Stilbewahrer, der den jeweiligen Kampfkunststil komplett beherrscht und das Erbe des Stils weitergibt.
Den 11. DAN hat bisher nur Jigoro Kano, der Begründer des Judo, verliehen bekommen, und das auch erst nach seinem Tod.
Das gilt aber nur für das klassische japanische System. Andere Stile, andere Sitten: Heutzutage tummeln sich etliche DAN-Träger in den Dojos, die sich mit Schwarzgurt-Graden schmücken, über die die Vertreter der klassischen Linie nur noch die Achseln zucken. Da muss man gar nicht mehr so alt und weise werden, und schwupps hängt ein 10. DAN über der Jacke. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …