Auf dem Weg, aber manchmal auch daneben. Hier mal ein kurzes Update, was los ist in Sachen Training, Fortschritten und neuen Erfahrungen.
Nach wie vor bin ich Montags und Freitags dabei, jeweils eine Kinder- und eine Erwachsenengruppe im Lung Chuan Fa zu unterrichten. Dabei werde ich zum Glück gleich von einer Reihe von Mittrainierenden, also Sempai, unterstützt. Die sind nicht nur fast immer beim Training dabei, sondern auch präsent, wenn mich fiese Viren aus den Latschen hauen (wie in diesem Winter gleich mehrfach) oder mein Job es nicht zulässt, rechtzeitig zum Training zu kommen. Die Gruppen sind leider momentan ziemlich geschrumpft, was mich immer wieder über Trainingsinhalte und -vermittlung nachdenken lässt. Schaffe ich es, die Trainings so zu gestalten, dass sie Spaß und Freude machen und gleichzeitig trotzdem den Geist des Kempo beinhalten? Bin ich zu nachgiebig, oder fordere ich zu viel?
Problem Prüfung
Vor allem die letzte Gürtelprüfung hatte es in sich. Von sieben Prüflingen sind gleich drei durchgefallen. Und zwar genau die, bei denen ich das niemals vermutet hätte. Das war nicht nur für die betroffenen Kinder ein herber Rückschlag, sondern auch für mich als Trainer. Was lief da falsch? Warum konnten gerade einige der Leistungsträger der Kindergruppe auf einmal nicht einmal die einfachsten Dinge mehr präsentieren? Ein echter Tiefpunkt. Und gleichzeitig auch ein Weckruf, der mich nach wie vor beschäftigt, auch wenn die Prüfung mittlerweile einige Wochen her ist. Ist das Prüfungsprogramm zu schwierig? Die drei Wackelkandidaten hatten sich auf den orange-grünen Gurt vorbereitet – da steckt schon eine Menge Anforderung drin. Allerdings hatten die drei in den Wochen vor der Prüfung ihre Fähigkeiten oft unter Beweis gestellt. War meine Vorbereitung auf die Prüfung zu lasch oder schlecht? Eigentlich hatte ich nach einem eigens erstellten Trainingsplan gearbeitet und sämtliche Elemente immer wieder wiederholt. Waren die drei vielleicht übertrainiert? Alle drei hatten noch am Freitag nachmittag zu Hause trainiert, also direkt vor ihrer Prüfung. Oder war die Einstellung der drei nicht gut genug? Speziell bei zwei Schülern mit Sicherheit nicht, denn die sind bei fast jedem Training mit Feuereifer und viel Ehrgeiz dabei.
Vielleicht war es auch eine Mischung aus verschiedenen Faktoren. Ich bemühe mich, daraus zu lernen. Ich werde in Zukunft deutlich mehr Grundschule trainieren, denn die gibt die Sicherheit und Basis auch für die schwierigeren Elemente. Klarere Ansagen, weniger Erklärungen, weniger Hintergründe – dafür ein intensiveres Training gerade bei den Kindern. Eine strengere Vorauswahl und, wenn nötig, auch eine längere Wartezeit zwischen den einzelnen Prüfungen. Alles Dinge, die ich in der Vergangenheit vielleicht zu nachgiebig gehandhabt habe und damit zuviel auf die Eigenverantwortung der jungen Heranwachsenden gesetzt habe. Ich habe wieder einmal gemerkt, dass viele Kampfsportler, ob klein oder groß, Kempo als einen Sport betrachten. Trainer sagt, Aktiver befolgt. Hintergründe, eigenes Nachforschen, Eigeninitiative – erstrebenswert, aber nicht zu erzwingen. Und das, was für MICH Kempo ausmacht, ist natürlich nicht das Maß der Dinge und bei jedem unterschiedlich und soll es auch sein. Aber bin ich dann der richtige Trainer? Ich denke, das wird mich noch lange beschäftigen. Und ich denke, das ist auch richtig so.
Fortschritt Kempo
Mindestens einmal im Monat bekommt mich Niki in seine Pfoten, und wir üben Kempo. Oder so etwas ähnliches. Denn eigentlich trainieren wir eher Bewegung. Mein Ziel: Meine Bewegungen sollen geschmeidiger werden, mehr aus dem ganzen Körper kommen, effektiver sein. Ein hehres Ziel, dem gar nicht so einfach beizukommen ist. Und so stellt Niki meine ganze Grundschule auf den Kopf und lässt mich Bahn um Bahn Zenkutu Dachi laufen. Allerdings komplett anders, als ich es bisher viele Jahre gemacht habe. Aus dieser Art der runden, die Höhen wechselnden Bewegung folgen alle anderen Aktionen, alle Stände, Schläge und Tritte, ganz natürlich und tatsächlich wesentlich geschmeidiger. Wenigstens bei Niki. Bei mir wird es wohl noch einige Jährchen dauern … Im Training mit Niki fühle ich mich oft extrem steif und unbeweglich. Doch mittlerweile verstehe ich, wo meine Fehler sind und wo ich selber ansetzen kann. Und so fahre ich nach jedem Training mit meinem Silat- und Kempo-Lehrer kaputt, aber sehr glücklich und Energie geladen wieder nach Hause
Im regulären Kempo-Training freue ich mich, dass Flo wieder öfter dabei ist, denn zum einen übernimmt er gern auch Teile des Trainings und ich kann wieder zum Schüler werden. Zum anderen bekomme ich ihn ab und zu auch dazu, dass er Uwe und mir unsere nächsten prüfungsrelevanten Techniken beibringt. Die zweite Meisterform ist wenigstens vom Ablauf her im Kopf, ebenso die 5. Tai Tsuku. Und die Hellebarden-Form, die ich als Form der dritten Waffe ausgewählt habe, ist wenigstens zur Hälfte geübt. Bis zum Sommer sollte alles so sitzen, dass ich es verfeinern kann. Noch fremd fühlen sich die Kumite von 31 bis 40 an, aber das schaffen Uwe und ich auch noch!
Neues uraltes Kempo
Als ob ich nicht schon genug mit Kempo zu tun habe – mit Olaf Bock ist ein neuer Lehrer in mein Kempo-Leben getreten. Durch die Anregung eines befreundeten Kempoka aus Bad Bentheim bin ich zu einem Training in den fernen Westerwald gefahren. Denn dort durfte und konnte ich mit Sensei Olaf einen der seltenen Vertreter des ursprünglichen Shaolin Kempo kennenlernen. Zunächst war ich skeptisch, als ich hörte, dass es sich um einen 9. DAN handelt. Auf diversen Internetseiten nachgeforscht verstärkte sich meine Skepsis weiter, denn wie so oft zu sehen wurde mal hier ein neuer DAN verliehen, dann mal wieder dort. Egal, ich hatte (ausnahmsweise) Zeit und wollte wissen, was sich hinter Namen und Grad verbarg.
Und große -positive- Überraschung: Der Olaf Bock hat’s wirklich drauf. Der Backenbartträger ist nicht nur ein exzellenter Kenner der alten Shaolin Kempo-Szene sowohl in Deutschland als auch in Holland, sondern auch im Training ein extrem versierter Lehrer, der sein enormes Wissen sehr präsent vermitteln kann.
Bisher konnte ich erst eine der monatlichen Trainingseinheiten mitmachen, doch die dort gelernten Kata Chuan‘ Fa und eine erste Bo-Form waren sehr beeindruckend. Olaf lässt sich auch von wiederholten Nachfragen nicht aus der Ruhe bringen und ist für mich eine ganz neue und sehr wertvolle Quelle, um noch tiefer in das ursprüngliche Kempo einzusteigen. Ich freue mich auf die nächsten Monate und die Trainings mit Sensei Olaf und bin gespannt, wie ich das originale Shaolin Kempo zusammen bringen kann mit „meinem“ Lung Chuan Fa.
Wer mehr über Olaf Bock wissen möchte: Demächst gibts hier ein Interview.
Fortschritt Silat
Während es die Zeit in den letzten Monaten sehr zu meinem Bedauern einfach nicht zuließ, die Silat-Gruppe um Niki zu besuchen, konnte ich die Damen und Herren wenigstens bei dem einen oder anderen Seminar wiedersehen. Auf Trab hält mich aber Alex, dessen Silat-Gruppe „45° martial arts“ ich Sonntags mittags besuche. Die ungewöhnliche Uhrzeit sorgt dafür, dass ich immer mal wieder die Zeit finde, dort zu trainieren. Alex ist ein ganz anderer Lehrer und Trainer als Niki. Ich möchte mich nicht entscheiden, von wem ich mich verhauen lassen möchte, aber während Niki ein Wahnsinnswissen und eine tierisch breite Erfahrung in vielen Stilen und Kampfkünsten hat, ist Alex eine echte Kante mit viel Erfahrung aus Kick- und Thaiboxen und eher der lockere Typ. Seine Schülerschar, zu der ich mich auch zählen darf, ist ebenfalls eine extrem sympathische Gemeinschaft von Verrückten, die allerdings erst in die Silat-Welt einsteigen. Was meinen körperlichen Fähigkeiten sehr zugute kommt, denn dort wird viel Grundschule trainiert. Und da ich zu den Langsam-Lernern gehöre, quäle ich mich gern gemeinsam mit den Damen und Herren 45er. So ganz langsam klappts auch in Sachen Harimau und Gellek. Und was mich besonders freut: Die neuen Fähigkeiten im Silat fließen ohne aktives Zutun oder Bemühen ganz automatisch in mein Kempo ein. Die Stile sind eben wesensverwandt.
Ich bin gespannt, was sich bis zum Sommer weiter ereignet und wie sich meine Reise entwickelt. Und freue mich, darüber hier zu berichten.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo Lutz!
Auf diesem Wege wünsche ich Dir weiterhin alles Gute und freue mich sehr mit Dir in Scheuerfeld unter der Leitung von Olaf Bock trainiert zu haben. Freue mich auf die weiteren Einheiten. Bis bald und viele Grüsse aus Bad Bentheim,
Thomas
Vielen Dank. Ich freu mich auch drauf! 🙂