Kobudo-Time in Nordhausen! Dieses Mal stand der Dreschflegel oder Nunchaku auf dem Programm. Während einst Bauern damit das Korn aus dem Getreide prügelten, lässt man heute kurzerhand Bauern und Getreide weg und nutzt die schlagenden Argumente des hölzernen Flegels. Im Kobudo schlägt man natürlich kunstvoll und historisch einwandfrei verbrieft! Was den Gesetzeshüter nicht im mindesten schert. Der vermutet hinter jedem Nunchaku einen Straftäter und hat das einst bäuerliche Arbeitsgerät kurzerhand verboten. Gibt ja schließlich Mähdrescher! Wir konnten trotzdem trainieren …
… und zwar mit einer geflochtenen Alternative. Ein dickes Seil, auf Maß geschnitten und dank eines stabilen Schrumpfschlauchs in akzeptable Form gebracht. Das funktioniert genauso gut, ist nicht „ganz so doll“ verboten und hat den unschätzbaren Vorteil, dass es einem nicht gleich blaue Flecken oder eine Ohnmacht einflegelt, wenn man versucht, dem Gerät gekonnt Herr zu werden.
Nunchakus hat in hiesigen Breiten Bruce Lee berühmt gemacht, der damit ganze Armeen niedermähte. Der Superstar des frühen Kung Fu-Films ist allerdings mitnichten in die Schule okinawanischer Bauern gegangen. Das Nunchaku ist eine Waffe, die unter anderem Namen schon längst in China bekannt war, bevor die widerspenstigen Okinawaner damit versuchten, ihren brutalen Besatzern aus Japan die Furcht ein- und das Hirn auszuprügeln. Was ihnen übrigens ziemlich gut gelang.
Kein Wunder, denn der zweigeteilte Dreschflegel wird, richtig beherrscht, an den Enden bis zu 200 km/h schnell. Und eignet sich nicht nur zum Dreschen, sondern auch zum Blocken, Hebeln, Stoßen und Würgen.
Womit wir bei unserem Lehrgang waren. Der wurde natürlich zunächst wieder vom Bo dominiert. Schließlich ist das die Hauptwaffe im Tesshinkan Kobudo. So langsam festigen sich die ersten Bewegungen. Die Hüften rollen wie zu Elvis besten Zeiten. Zwar manchmal noch nicht im Takt und gegen die Richtung, doch ich arbeite dran. Und auch die erste Kata, die Shushi No Kun Sho, findet langsam den Weg in meine altersschwache Birne. Die Partnerübungen allerdings, unverzichtbarer Bestandteil von Kihon und Kata, wollen sich noch nicht im Gedächtnis festnageln lassen. Vor allem die Anwendungen zur 4. Kumite erweisen sich für Bewegungslegastheniker wie mich als echte Hürde. Zu allem Überfluss durften wir auch noch die siebte Grundtechnik absolvieren. Unzählige Kalorien, zwei Flaschen Wasser und vier Stunden später konnten wir den Bo aus den Fingern legen.
Es wurde flegelig. Dreschflegelig. Basisübungen mit dem Nunchaku standen zunächst auf dem Programm. Schlagen, fangen, blocken. In Partnerübungen konnten wir dann üben, dass in der Waffe viel mehr steckt als nur ein mobiles Schlaggerät. Gekonnt eingesetzt kann man damit andere Waffen, Fäuste, Beine oder den Hals des Gegners in einer Schlinge „fangen“ und blitzschnell außer Gefecht setzen. Die Enden eignen sich außerdem auf beiden Seiten zum Stoß.
Aufbauend auf den Grundtechniken ging es dann an eine Basisform, die Sensei Pelny selber für seine europäischen Schüler entwickelt hat. Und danach folgte die Maezato No Nunchaku, eine der beiden Kata im Ryukyu Kobudo Tesshinkan. Interessanterweise fiel uns das Lernen dieser Bewegungen leichter als die komplexen Formen, die etwa beim Tekko abverlangt werden.
Wirklich schade, dass man den Umgang mit dem Nunchaku nur im Verborgenen üben kann, denn tatsächlich ist selbst der Besitz schon strafbar. Auch für uns Sportler gilt daher: kein Einsatz bei Vorführungen oder Turnieren. Und das reduziert das Üben und damit die Beherrschung dieser faszinierenden Waffe deutlich.
Während sich also die Rehwild-Pistoleros dank Waffenbesitzkarte auf Treibjagden abballern dürfen und ihre Sprösslinge mit ihren nicht weggeschlossenen Knarren Schulmassaker begehen, die Polizei sich etwa das Tonfa zu Eigen gemacht hat (genauso gefährlich) und jeder halbwegs begabte Bastler sich sein Nunchaku selber basteln kann (und das auch tut!), bleiben Kampfsportler außen vor.
Wäre doch mal eine Anregung, für unsere Sportarten eigene Waffenbesitzkarten einzuführen und uns damit den sportlichen Umgang mit den Geräten zu ermöglichen. Wir murksen nämlich in der Regel weder Schüler noch Wildtiere ab …