Der Schlagring Tekko stand neben dem Bo im Mittelpunkt des zweiten Teils des Kobudo-Intensiv-Seminars in Nordhausen. In Deutschland fallen Schlagringe unter das Waffengesetz und sind strikt verboten. Um jetzt aber trotzdem die klassische Kobudo-Waffe trainieren zu können, „bewaffnen“ sich deutsche Kobudoka mit geschlossenen Gymnastikhanteln. Die gibt’s unter anderem bei Karstadt zu kaufen und erfüllen den gleichen Zweck. Gut, dass unsere politischen Scharfmacher die noch nicht entdeckt und einkassiert haben!
Immer wieder Bo
Bevor es aber losging mit den eisernen Fäustlingen, stand die Wiederholung in Sachen Bo auf dem Programm. Andreas war wieder mit dabei, zusätzlich hat uns seine Tochter Olga verstärkt. Und was soll ich sagen / schreiben: Obwohl ich regelmäßig mit dem Bo geübt habe und mir besonders in Sachen Hüfte Mühe gab, hat fast nix geklappt. War die Hüfte korrekt, dann zeigten die Füße in die falsche Richtung. Stimmte die Stellung, dann war die Handhaltung falsch. Oder der Stock hing komplett verkehrt in der Gegend und bewegte sich im Nirgendwo. Es ist zum Verzweifeln. So sehr wie ein Anfänger habe ich mich schon seit Jahrzehnten nicht mehr gefühlt. Und wir reden noch gar nicht von Kopfhaltung, Blickrichtung oder Kime. Nönö, die Basics reichen, um mich komplett fertig zu machen. Was mich am meisten erstaunt, ist die Geduld von Sensei Frank und seinen Assistenten. Während ich mich wie ein Volltrottel anstelle, gehen die Könner gelassen durch die Reihen ihrer Schäfchen und korrigieren hier und zeigen dort. Bei mir immer reichlich. Bin ich tatsächlich so ein Schussel? Egal, denn Spaß macht es trotzdem. Und das kann doch wohl nicht sein, dass ich den Bo nicht gebändigt bekomme! Mein Ehrgeiz ist jedenfalls geweckt. Und da auch alle anderen emsig an denWiederholungen gearbeitet und geschwitzt haben, war ich wohl nicht der Einzige, bei dem Füße, Hüfte, Schulter und Hand sich nicht zu einem Ganzen zusammen führen lassen wollen. 🙂 Da der Bo die Basiswaffe im Tesshinkan ist, wird er auch in jeder der noch folgenden Unterrichtseinheiten behandelt. Gott sei Dank. Zum Repertoire des letzten Trainings kam diesmal eine weitere Grundtechnik / Kihon, nämlich die sechste, dazu. Und die Basis-Kata Shushi No Kun Sho zeigte und übte Sensei Frank ebenfalls komplett mit uns.
Die versteckte Waffe Tekko
Nass geschwitzt und erst nach gut vier Stunden, also ab 15 Uhr begann dann der Teil, der sich mit dem Tekko befasste. Der Schlagring diente den alten Okinawanern als Verstärkung ihrer Schlagtechniken, kann aber auch zur Abwehr von scharfen Waffen eingesetzt werden. Auch hier sind die einzelnen Techniken an sich nichts neues und logisch aufgebaut. Allerdings kommt in der Handhabung der paarweise benutzten Tekko der rotierenden Hüfte eine noch größere Bedeutung zu, um den Schlägen ein Maximum an Power und Dynamik zu geben. Die Hände werden meist vertikal bewegt, die Schläge in Tate Tsuki-Haltung ausgeführt. Dazu kommt häufig eine offene Handhaltung. Neben Blocken und Schlagen benutzt man die Tekko auch zum Reißen und Halten.
Tiefe Stände, rotierende Hüften und für mich viel zu enge Griffe der Hanteln – muss man die Dinger eigentlich lieben? Meine Begeisterung hielt sich in den folgenden zweieinhalb Stunden jedenfalls noch in überschaubaren Grenzen. Mal sehen, ob ich mich im Laufe der nächsten Monate und mit anatomisch passenderer Hardware an den Einsatz dieser „versteckten Waffen“ gewöhnen kann. Würde ich mit den blauen Gymnastikdingern auf harte Hindernisse treffen, wären zunächst jedenfalls meine Fingerknöchel durch. Leider sind im Internet nirgendwo Exemplare mit weiterem Griff zu finden … In dem von Frank Pelny gelehrten Tesshinkan-System gibt es neben Katas auch Partnerübungen, die für Schüler allerdings erst ab dem angestrebten Grüngurt wirklich relevant werden. Der erfahrene Kampfkunst-Dozent schaffte es aber in der kurzen verbliebenen Zeit tatsächlich, uns noch durch die komplette erste Tekko-Kata Maezato No Tekko zu lotsen. Interessante Schlagsequenzen und flüssig anmutende Schrittfolgen fügen sich bei dieser Waffen-Kata harmonisch zusammen.
Nach rund sechseinhalb Stunden Training mit nur kurzen Pausen war dann Schluss. Der Verbrauch an Flüssigkeiten ist auch bei diesem zweiten Teil der Seminar-Reihe enorm gewesen. Der Input an Wissen auch. Wie soll man das eigentlich alles behalten? Ich fürchte, mein Weg wird mich in Zukunft auch nach den noch kommenden Seminar-Teilen des öfteren zu Sensei Pelny führen, denn Kobudo in dieser Nähe zu seinen okinawanischen Wurzeln und in dieser Komplettheit ist in unseren Landen wohl einzigartig. Ich bin gespannt auf die nächste Einheit, in der neben Bo auch der Gebrauch des Nunchaku an die Reihe kommt …