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Die „falschen“ Kata und ihre Folgen

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Wenn Kata in den falschen Kontext kommen – Fehlentwicklungen im Shaolin Kempo. Die vierte und die fünfte Tai Tsuku sind klassischerweise die Oberstufenformen im Lung Chuan Fa Kempo. In der Region Ostwestfalen, vor allem in unserem Seibukan-Verband, wird die 4. Tai Tsuku gern gelaufen, denn sie ist lang, gespickt mit Tritten und Schlagkombinationen. Die 5. Tai Tsuku ist eher auf Handspiele konzentriert und daher nicht so beeindruckend wie die 4., die durch die hohen Tritte athletischer wirkt.

Nach wie vor ist mir allerdings nicht bekannt, woher die „Tai Tsuku“ insgesamt stammen, die es in den meisten anderen Kempo-Stilen gar nicht gibt. In den letzten Jahren bekam ich aber einige interessante Infos über die Hintergründe dieser Formen. Seit dem Training unter Sifu Olaf Bock und dem Austausch mit den Kempofreunden vom Niederrhein ist mir klar geworden, dass unsere „Tai Tsuku“ keineswegs eine eigenständige Formenreihe darstellen. Denn die 4. Tai Tsuku ist bis auf wenige Details gleich zur Ch’uan Fa oder der 2. Meisterform, wie sie etwa im Deutschen Wushu-Verband gelehrt wird. Zu meiner 2. DAN-Prüfung habe ich noch beide Formen, also die 4. Tai Tsuku als Schülerform und die Ch’uan Fa als Meisterform, vorgeführt. Ziemlich verwirrend, denn man neigt immer dazu, genau die falschen Bewegungen einzubauen …

Die 5. Tai Tsuku ist fast baugleich zur Tasi Yoti nach Olaf Bock und ganz ähnlich der 3. Meisterform, wie sie etwa in Wesel-Büderich bekannt ist. Sifu Olaf unterrichtet sie in drei Teilen und fügt sie am Ende zu einer Form zusammen.

Falsche Traditionen

Damit haben wir ein Problem. Denn mittlerweile wissen wir, dass sowohl unsere 4. als auch die 5. Tai Tsuku eigentlich anders heißen, in anderen Kempo-Stilen als Meister- oder Schwarzgurtformen unterrichtet werden und im Schülerbereich eher nichts verloren haben. Zudem unterscheiden sich unsere Interpretationen zwar nur gering, aber eben doch an einigen Punkten wesentlich. Und gerade bei diesen Kempo Kata (oder Kuen, dem chinesischen Ausdruck für Kata) kommt es auf die Details an, auf das Heben und Senken, die richtige Atmung, die korrekten und bisweilen unterschiedlichen Stände.

Außerdem macht es aus methodischer Sicht wenig Sinn, sowohl die Sifat als auch die Tai Tsuku als eigenständige Schülerkata nebeneinander zu trainieren. Als Lehrer muss ich in der Lage sein, das zu erklären, was ich da übe und meinen Schülern abverlange. Im Falle unsere Kata-Systems konnte ich das allerdings nicht.Wo ist der Unterschied, welche historischen Gründe sprechen für diese Zweigleisigkeit? Als Mensch, der sein Tun gern hinterfragt, wurde mir mit steigendem Wissensgrad in den letzen Jahren immer unwohler mit diesem System. Der Grund, „das haben wir schon immer so gemacht“, ist ein ganz blöder. Denn „immer“ ist in diesem Fall ja maximal 30 Jahre her. Da kann man sich schlecht auf „uralte Traditionen“ und antike Großmeister berufen.

Abgeschnittene Zöpfe

Als Schüler von Sifu Olaf lerne ich eine frühe und ursprüngliche Form des Shaolin Kempo, die in Sachen Form als komplettes System rund ist und systematisch aufeinander aufbaut. Vieles ist ähnlich, aber strukturierter und logischer. Also haben die aktiven Schwarz (-und ein Braun-)gurte im Lung Chuan Fa die Köpfe zusammengesteckt und beraten – denn gerade die langjährig Aktiven sind ja von jeder Änderung am meisten betroffen. Und nicht jede meiner Gedankengänge mag in diesem Kreis auf Gegenliebe stoßen, wenn es darum geht, sich selber und das lange Erlernte in Frage zu stellen und gegen etwas Neues zu tauschen.

Doch meine Mitstreiter sind selber schon Schüler von Olaf Bock oder stehen den neuen Erkenntnissen offen gegenüber. Und so hat es gar nicht viel Reden bedurft, um einige der Zöpfe abzuschneiden, die sich ein wenig schief um das Lung Chuan Fa gewickelt haben. Sprich: Wir unterrichten in Zukunft keine 4. und 5. Tai Tsuku mehr, sondern geben den Formen ihre ursprüngliche Art der Ausführung und ihren Platz im System zurück. Die erste bis dritte Tai Tsuku werden als eigenständige Formen im Schülerbereich weiter unterrichtet. Die Ch’uan Fa und die Tasi Yoti werden zu Formen, die erst in den hohen Schüler- und DAN-Graden verlangt werden.

So haben wir jetzt unser Formen-System entschlackt und von einigen Entwicklungen und Dopplungen bereinigt, die sich im Laufe der Jahrzehnte in der Abgeschiedenheit Ostwestfalens eingeschlichen und das Lung Chuan Fa künstlich aufgeplustert haben.

Formen im Lung Chuan Fa

Handformen
1. Tai Tsuku Sifat Pertama Long Kuen
2. Tai Tsuku Sifat Kedua Ch’uan Fa
3. Tai Tsuku Sifat Ketiga Tasi Yoti
Sifat Keempat Zhang Fan Kuen
Sifat Kelima
Sifat Keenam
Waffenformen
1. Bo Kata Sai / Tekpi Hellebarde / Kwan Dao Kette Säbel / Dao Schmetterlingsschwerter / Wu Dip Dao
2. Bo Kata
3. Bo Kata

Die Formen, zu denen es Videos gibt, sind verlinkt.

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