Schwupps, da hat es mich wieder. Nachdem ich im ersten Halbjahr ein wenig mehr Silat als Kempo trainiert habe, bin ich jetzt wieder mit Volldampf beim Shaolin Kempo dabei.
Und zwar sowohl bei den Großen als auch bei den Zwergen. Zusammen mit meinen Trainingskollegen Andreas und Andreas habe ich das Kindertraining übernommen, und mittlerweile auch das Erwachsenentraining. Warum? Weiterlesen …
Was sich ändert
Der Wechsel in der Kindergruppe wurde dringend nötig. Das pure und sture Abfragen von Prüfungsprogrammen, kombiniert mit einem nicht zu erkennenden Plan, wozu das Ganze eigentlich dient, garniert mit einem wenig kindgerechten Hierarchie-Ansatz – das konnte nicht klappen. Übrigens auch nicht bei Erwachsenen. Selbst mein eigener Zwerg war kurz davor, sich lieber ein anderes Hobby zu suchen. Ein halbes Jahr nicht eine neue Technik, keine neuen Impulse – das war verschwendete Zeit. Zuletzt war die Gruppe bis auf ein sehr kleines Häufchen zusammengeschrumpft.
Wer kritisiert, sollte auch selber Verantwortung übernehmen. Also habe ich nicht lange gezögert, als die Frage aufkam, ob ich nicht das Training des Nachwuchses vom Lung Chuan Fa übernehmen wolle. In den Sommerferien haben sich meine beiden Andreas’se und ich zusammengesetzt und überlegt, was und wie die Kinder eigentlich lernen sollen. Klar: neue Techniken. Und der Spaß sollte wiederkommen.
Uns ist es wichtig, dass wir im Training zwar eine feste Anleitung geben, aber die Kinder auch darüber hinaus ganz allgemein den Sinn von Kampfsport vermittelt bekommen. Und der allererste Sinn ist: Ich werde nicht gehauen. Also üben wir in jeder der knapp bemessenen Stunde jetzt Fallübungen, Rangelspiele und damit Körperkontakt und Ausweichübungen. Angenehmer Nebeneffekt: Außer Dehnübungen und ein paar leichten Krafteinheiten, die extra einfließen, werden die Nachwuchs-Kempoka so auch bestens warm gemacht. Diesen Part übernimmt Andreas Harder, der zwar im Kempo selber noch nicht sehr fortgeschritten ist, aber im Sambo ein echter Meister. Und Sportlehrer, schon in Moskau. Und heute Physiotherapeut. Und selber Papa eines Sohnes, der Kempo betreibt. Besser geht kaum, oder?
Doppelter Andreas
Der zweite Andreas, nämlich der Ross, übernimmt die spielerische Komponente. Andreas ist nicht nur glühender Kempoka und selber extrem ehrgeizig, sondern auch noch sehr wissbegierig und lernwillig. Begeistert hat er sich auf die Aufgabe gestürzt, sich immer neue Spiele auszudenken, zu recherchieren oder abzuwandeln, die im Kindertraining für Auflockerung sorgen, aber trotzdem weiter an der Koordination und der Kraft für den Kampfsport arbeiten. Andreas ist nicht nur selber Sportler, sondern ebenfalls Papa, allerdings gleich von zwei Sprösslingen, die in unserer Kindergruppe aktiv sind. Gemeinsam sind wir also drei Kempoka und drei Väter, deren Kinder allesamt ebenfalls in der Gruppe trainieren. Gibt’s auch nicht so oft … 🙂
Und da wir alle drei berufstätig sind, ergänzen wir uns auch dann, wenn mal einer oder zwei von uns nicht können. Die generellen Pläne, was wann und warum trainiert wird, erstelle ich in Absprache. Die beiden Andreas unterstützen, leiten und gestalten aber kräftig mit. So ergänzen wir uns als Trio perfekt. Und siehe da: Die Kindergruppe stabilisiert sich auch in Sachen Teilnehmer wieder. Die Kids zeigen sich lernwillig und leistungsbereit und haben schon enorme Fortschritte gemacht.
Spaß und Ernst
Bemerkenswert und faszinierend für uns alle drei ist die Bereitschaft der Kinder, sich Neuem zu stellen. Und die Tapferkeit, mit der einige sich auch durch manchmal unerfreuliche Erfahrungen durchbeißen. Fallschule ist solch eine echte Herausforderung. Mittlerweile können die kleinen Wirbelwinde fast alle locker vorwärts, rückwärts und seitwärts fallen. Jetzt sind die ersten Würfe dran. Stehen zwar längst noch nicht im Prüfungsprogramm, führen aber die Fallschule perfekt fort. Warum soll man Fallen lernen, wenn man nicht fällt?
Auch die Standfestigkeit hat sich deutlich verbessert. Was nützen mir Stände und Tritte, wenn ich bei deren Ausübung schwanke, bei den Drehungen stolpere und bei Treffern umfalle? Mit einigen neuen Inhalten versuchen wir, die Wackler in den Griff zu bekommen. Mittlerweile sitzen diese Basics und lassen ein vernünftiges Tritt-Training erst möglich werden.
Die nächsten Monate widmen wir uns jetzt den Partnerübungen. Feste Partner gibt es nicht mehr, jeder trainiert jetzt mit jedem. Gerade für die „Schwächeren“ ist es wichtig, mit wechselnden Partnern zu üben, um sich mit den „Starken“ messen und sich verbessern zu können. Kata streuen wir in jedem Training ein, allerdings eher, damit die Abläufe sitzen. Die korrekte Technik erarbeiten wir uns gemeinsam ganz automatisch durch die Grundschule. Eine eigene Kata-Trainings-Einheit mit Rhythmik, Tempowechsel und Betonung folgt in den nächsten Wochen.
Was aber am allerwichtigsten ist: Es wird gelacht, gekreischt und gequietscht. Die Augen leuchten, auch wenn es anstrengend wird. Der Spaß ist zu spüren, und der Stolz auf das Erreichte. Und das ist der beste Lohn, den wir für unseren Einsatz bekommen können …