Es geht mal wieder hoch her in Ostwestfalen und drumrum. Grund sind einige neue Graduierungen, die für reichlich Kopfschütteln und Unmut sorgen. Und zwar in den Gefilden der sogenannten Meister.
Es sind ganz wunderliche Meldungen, die über die sozialen Netzwerke für Wellengang sorgen. Da gibt es einen Kollegen aus Bad Pyrmont. Der gute Mann hat in Coronazeiten fleißig trainiert und sich offensichtlich deutlich verbessert, denn er hat die Prüfung zum 3. DAN im gleichen Jahr abgelegt wie ich selber. Ein wenig unklar ist, wer sein eigener Meister ist, denn ein DAN-Grad kommt ja nicht aus sich selbst heraus. Da sollte es nicht genügen, nur ein Programm abzuspulen, denn das steht ja nicht hinter der Idee, neben der körperlichen Leistungsfähigkeit auch eine geistige Entwicklung zu zeigen. Und je höher man in Sachen DAN-Graduierung kommt, desto mehr steht auch die Entwicklung des Shaolin Kempo im Fokus. Da benötigt man (eigentlich) jemanden, der einem mit Erfahrung und Können zur Seite steht.
DAN Gehopse
Im Herbst letzten Jahres tauchten dann Bilder auf, die unseren Kempo-Meister zusammen mit einem anderen Schwarzgurt aus Ostwestfalen in der Türkei zeigten. Allerdings wohl weniger beim Urlaub als eher auf einem Trainingscamp/Event. Und zwar von einer ziemlich obskuren Kampfkunstorganisation namens Martial Arts Association International. Von diesen Organisationen existieren ja etliche in allen möglichen Stilarten. Manche sind seriös, andere sind eher bekannt als eine Ansammlung geltungsbedürftiger Tröpfe, denen es vor allem um die Präsentation des unterentwickelten Egos geht. Der einzige, der bei diesen Organisationen professionell vorgeht, ist der Organisator, denn der kassiert ab. Natürlich sind diese Events nicht umsonst. Und auch die „Dienstleistungen“, die drumherum stattfinden. Denn hier gibts auch Gürtel zu kaufen. Mal sind sie schwarz, mal rot-weiß oder noch extravaganter. Und da sich etliche Egos in der Vergangenheit gegenseitig mit der Verleihung verschiedenster Graduierungen Gefälligkeiten erkauft haben, umschwirren nun diverse „Großmeister“ in bekannten und häufig auch komplett unbekannten „Stilen“ solche Events und posieren stolz als Unterstützer.
Und schwupps bekam der erstaunte Leser zu sehen, dass unser frischer 3. DAN eine neue Graduierung sein eigen nennen konnte. Mit toller Urkunde und Rechtschreibfehler inklusive. Und warum sich lange aufhalten mit einzelnem Gehüpfe durch die DAN-Hierarchie. Nein, es ging gleich auf den 6. DAN! Ein echter Überflieger, der junge Kollege. Und damit dieses wundersame Vorgehen wenigstens den Hauch von Seriosität und Glaubwürdigkeit bekommt, wurde im Nachgang auch eine „Weltmeisterschaft“ organisiert. Keine Ahnung, in was, aber es wurde im Gi rumgehopst. Der frisch gebackene Großmeister gewann auch prompt. Einzige Panne: Er stellte seine grandiose Leistung im Schwange des Glaubens an die eigene Leistung auch noch ins Netz. Leider ist die Vorführung nicht mehr zu bewundern, denn irgendwann scheint den frischgebackenen Weltmeister doch noch eine sanfte Stimme der Vernunft erreicht zu haben und er sich seiner Lächerlichkeit bewusst geworden sein. Denn seine Leistung hätte in jeder normalen Trainingsgruppe vielleicht einen Grün- oder Blaugurt erfreut.
Grandmaster on tour
Wer jetzt glaubt, dass der neue Groß- und Weltmeister so langsam seinen Geltungshöhepunkt erreicht hat, der verkennt den offensichtlichen Drang des armen Tropfes, neben aufgepimptem Mercedes, Goldkettchen und Rolex doch weitere Statussymbole auf Instagram oder Facebook zu veröffentlichen. Schließlich hat er reichlich investiert, um dem erlesenen Kreis der Großmeister zu genügen. Also wird der Träger des 6. DAN jetzt zum Dozenten auf weiteren obskuren Veranstaltungen der dubiosen MAA. Diese Veranstaltungen sind schier unglaublich, denn hier tauchen an einem einzigen Tag dutzende von Großmeistern auf, die allesamt zeigen, was sie so drauf haben. Gern wird dabei geworben, dass man arme Kinder unterstützt. Das zieht doch immer. Ein paar Logos von Massenmedien eingeblendet, die irgendwann mal über eine der Veranstaltungen berichtet haben (sollen) – das macht doch was her, oder? So befruchtet sich eine Szene immer weiter, denn hier tauchen natürlich wieder Gesichter von „Sifu“ und „Sensei“ auf, die in der Szene schon wohlbekannt sind. Alle eint, dass sie sich gern am Rande von Matten rumdrücken und, falls sie doch in die Mitte wackeln, „realistische Selbstverteidigung“ demonstrieren. Möglichst wenig eigene Bewegung, natürlich nie eine Kata aus ihrem wahren Stil, natürlich keine übergreifenden Prinzipien (die wiederum Bewegung verlangen würden). Da ist unser quirliger Weltmeister tatsächlich ein aktiver Höhepunkt der traurigen Runde. Im Hintergrund freut sich der Organisator über reichliche Zahlschafe, die ihren „Meistern“ hörig zu diesem Event folgen und seine Kasse füllen. Verband lohnt sich ja immer. Fast sicher, dass es wieder Ehrungen gibt. Und neue DAN-Verleihungen … und so weiter und so weiter …
Ehrlich gesagt kotzt mich dieser Scheiß mittlerweile an. Eigentlich könnte mir das Treiben solcher Gurkenköpfe ja komplett egal sein. Ist ja ihr Hobby. Die einen züchten Kürbisse oder Tauben, die anderen hampeln im Gi durch die Halle. Und eigentlich finde ich Posts von Leuten wie unserem neuen Großmeister höchst amüsant. Immerhin hat es was sehr Lustiges, wenn kleine Kameraden durch energisches Posen ein paar Zentimeter größer werden und ihr Ego mittels Statussymbol aufpusten. Aber es sind ja nicht nur Poser wie der Kollege und sein zippelbärtiger Kumpel, die hier beschrieben sind. Sondern auch die „etablierten“ DAN-Träger. Die predigen selber die hohen Werte ihrer Kampfkunst, nur um sich dann selber einen Scheiß um ihre eigenen Prüfungsprogramme und Wartezeiten zu scheren. Und die diesem Schwachsinn nicht entgegentreten, sondern maximal lahm erwidern, dass Gürtel nicht so wichtig seien. Dann aber schnell auf ihre jahrzehntelange Erfahrung und ihre Verdienste verweisen, um ihre eigenen Gürtel zu rechtfertigen, und vielleicht sogar selber auf den „Events“ auftreten. So auch diesen Mai irgendwo in Nordrhein-Westfalen. Getreu dem Motto: Immer schön vorsichtig sein. Niemandem auf die Füße treten, Vielleicht könnte man diese „Kontakte“ ja noch brauchen, wenn mal selber den nächsten DAN verliehen bekommen möchte …
Aber ich bewege mich eben auch in der Welt der Kampfkünste. Und mir ist Shaolin Kempo wichtig. Nicht nur als Hobby oder zur Vervollkommnung meiner eigenen Fähigkeiten. Sondern auch als überzeugter Vertreter einer der faszinierendsten Kampfkünste, die man lernen kann. Und die wird durch Umtriebe dieser Spinner ins Lächerliche gezogen. Wer hier mitmacht, disqualifiziert sich in meinen Augen selber. Tatsächlich etwas gegen diese Spackos tun kann man wohl nicht. Außer sich zu distanzieren, gerade als etablierter Meister oder Großmeister. Oder ein wenig aufklären. Wozu diese Zeilen vielleicht beitragen.
Ein paar Links zum Schmunzeln
Hier wird gezeigt, wie es geht!
Hier gibts Urkunden vom Friedenserzieher oder Sleep Science Coach bis zum Fitness Warrior Instructor (kein Witz!)